Zum Inhalt springen

Kove 450 Rally – der machbare Rally-Traum für viele?

Seit April 2025 fahre ich die Kove 450 Rally in der hohen Fahrwerksvariante mit Kayaba-Komponenten. Die ersten Eindrücke stammen aus dem Alltag, im Mai folgte direkt der Einsatz bei der Bosnia Rally über 1.400 Kilometer. Die Kove war dabei quasi noch im Neuzustand – gerade einmal 300 Kilometer hatte ich zuvor abgespult, davon etwa 50 km Offroad.

Ich selbst bin 1,73 m groß – eine Größe, bei der sich viele Fahrer die Frage stellen, ob die hohe oder niedrige Fahrwerksvariante besser geeignet ist. Für mich war klar: Ich bin von Sportenduros eine gewisse Sitzhöhe gewohnt und fühle mich mit der höheren Geometrie wohl. Die Entscheidung für die High-Version hat sich für meinen Einsatzzweck – Rally und technisches Gelände – bewährt.

Hintergrund & technische Eckdaten

Die Kove 450 Rally ist ein straßenzugelassenes Rally‑Bike mit 449 ccm Einzylindermotor, flüssigkeits‑ und ölgekühlt (inkl. Ölkühler), abgestimmt auf Euro 5+. Serienmäßig leistet es 42 PS bei 8.500 U/min, 35–40 Nm bei 6.500–7.000 U/min


Während der offizielle Testwert bei etwa 51 PS in Rennkonfiguration liegt. Gewichtstechnisch bringt sie im Alltag fahrfertig rund 155 kg auf die Waage . Je nach Ausstattung (High- oder Low‑Version) variiert der Federweg zwischen 305/300 mm und 260/250 mm, bei Sitzhöhen von ca. 960 mm bzw. 910 mm .

Die Kove hat sich durch drei private Teams beim Dakar 2023 bewehrt – alle kamen ins Ziel, was unter den Rally-Teilnehmern für Aufmerksamkeit sorgte. Zudem wird das Bike gerne als Kundenbikes bei zum Beispiel Freedom Rally Racing eingesetzt.


Meine Erfahrung im realen Gelände

Seit April nutze ich die HIGH‑Version (Kayaba-Setup) mit etwa 300 km Laufleistung, davon rund 50 km Offroad – anschließend 1.400 km beim Bosnien-Rallye, inklusive anspruchsvoller Geländeabschnitte und Anstiegen über 1.700 m.

Die Modifikationen umfassten:

  • Breiterer Lenker
  • Offener Luftfilter mit De-Cat-Krümmer + originalem Endtöpfen
  • Coober-ECU (Performance Mapping, ca. 48 PS statt 42 PS)
  • Acerbis Handguards
  • Kurzhebel für Kupplung / Bremse
  • Nav-Tower von Twalcom mit flacher Einbauposition

Diese Anpassungen verbesserten Ansprechverhalten und Leistung spürbar. Wichtig ist dabei zu beachten, dass bei einer Nutzung des offenen Luftfilters mit verbautem Katalysator der Zylinderkopf thermische Probleme bekommen kann und zu heiß wird. Daher würde ich immer eine Verbindungsrohr ohne Cat bei Umrüstung auf den Sportluftfilter empfehlen.


Handling auf unterschiedlichen Untergründen

Schotterpisten: Gleichmäßiges Ansprechverhalten, hohe Laufruhe, Fahrwerk federt gut. Bei Geschwindigkeiten über 140 km/h merkt man das leistungstechnische hier langsam die Genze kommt.
Wald-/Forstwege: Agilität und Stabilität passen gut, Bremsen packen zuverlässig.
Loses Geröll: Stabil und sicher, die tief liegenden Fronttanks stören die Balance nicht. Vergleich zur Sportenduro: fühlbar schwerer, aber nicht unhandlich.
Steile Anstiege: Traktion und Leistungsabgabe ausreichend. Zum Frontwheel-Lift braucht es etwas mehr Kupplungseinsatz.
Technisches Gelände: Wendigkeit vorhanden, aber Gasannahme im langsamen Bereich etwas unruhig trotz Mapping. Insgesamt kein schlechter Eindruck.


Navigation & Ergonomie

Die Ergonomie stimmt auf dem Motorrad für mich von Grund auf. Lediglich ein breiterer Lenker mit etwas weniger Kröpfung, was aber eher meiner Persönlichen Vorliebe von der Fahrposition her geschuldet ist. Die Kirsche auf der Sahen wäre es die Fußrasten um ca. 1cm weiter nach hinten zu versetzen. Aber auch das ist meine persönliche Präferenz. Die Bedienbarkeit aller Schalter etc. ist absolut problemlos.

Zur Montage meiner Navigations-Ausrüstung habe ich etwas länger gesucht. Ich wollte eine möglichst flache Position des Roadbooks. Viele Lösungen vielen daher raus. Bei Twalcom hatte ich bereits gute Erfahrungen mit dem Nav Tower Light an meiner Beta gesammelt und wurde auch diesmal fündig.
Der Twalcom Nav-Tower erwies sich als optimal: flache, vibrationsarme Montage, Roadbook auf sportlicher Höhe im Blickfeld, montiert stabil für Rallyeinsatz.


Stärken der Kove 450 Rally

  • Geometrie & Ergonomie stimmen
  • Hochwertiges Fahrwerk (Yuan/Kayaba) mit ausreichendem Federweg
  • Stabil bei hohem Tempo, dennoch agil genug im technischen Terrain
  • Mit Coober-ECU moderat gesteigerte Leistung (~48 PS)
  • Relativ preiswerte Ersatz- & Verschleißteile, gute Verfügbarkeit aftermarket
  • Wartungszugang (Luftfilter, Elektronik) gut gelöst
  • Umfangreiches Zubehör mittlerweile vorhanden (z. B. Arrow, Twalcom)
  • Herausragendes Preis-Leistungs-Verhältnis – rund 9.000 € UVP in Europa (CH/IT, Zollluft inkl.), in USA ca. 9.299 USD
  • Entkopplbares ABS serienmäßig, großes TFT Display, USB/Bluetooth

Schwächender Kove 450 Rally

  • Hitzeschutz Tank: Bei mir locker; Verarbeitung teilweise nicht auf Premiumniveau
  • Hecktank-Entlüftung / Benzinhahn: Kein Vorab-Bypass möglich, kostet zusätzliches Zubehör
  • Lenkungsdämpfer-Aufnahme: Standard zu tief montiert, Gefahr von Kontakt zur Steuerrohrschraube
  • Uneinheitliche Schraubenköpfe: Mischformate (Imbus, Torx etc.) erschwert bei Wartung
  • Tankanzeige ungenau: Reserveliter nicht exakt reproduzierbar
  • Hinterradbremse: Verzögert eher weich, blockiert erst spät
  • Gasannahme im Low-Speed: Trotz Mapping noch etwas ruppig

Fazit

Die Kove 450 Rally liefert solide Rallye-Power in einem zugelassenen Paket – und das zu einem Preis, der deutlich unter den etablierten Marken liegt. Sie ist kein High-End-Rennen-Replikat, aber eine sehr interessante Option für Einsteiger oder private Rally-Piloten. Ein bisschen kritisch muss ich aber doch sein. Die 450 Rally von Kove wird gerade oft als das lang erwartetet Einhorn für jeden der ein leichtes Adventure-Bike sucht gehandelt. Das kann die Rally durchaus sein und bietet eine tolle Basis dafür. ABER kommt man von einer Zweizylinder Reiseenduro oder einem gutmütigen Dual-Sportbike wie eine CRF 250 / 300 L kann sich der Start mit der Rally etwas holprig gestallten. Das Bike ist sehr sportlich von der Auslegung sowohl Geometrie aber auch das Ansprechverhalten. Dazu kommt die Geräuschkulisse – hier wurde (gerade mit Sportluftfilter) keine Priorität auf komfort für den Fahrer gelegt. Ansauggeräusch etc. ist alles sehr deutlich wahrnehmbar. Das Getriebe schaltet gut – aber auch eher knackig und kurz. Das ganze Paket ist da sehr nahe an einer Sport-Enduro vom Charakter und daher deutlich roher als die Bikes, der Fahrer die sich überlegen eine Kove 450 Rally als deutlich leichtere Alternative anzuschaffen. Wer Wert auf Komfort auf Asphalt, Service- & Händlernetz legt, sollte daher Alternativen wie die Kove X800 Rally prüfen. Wer primär Wert auf Offroad-Tauglichkeit mit Rallye-Wurzeln legt – und bereit ist, kleinere Eigenmodifikationen zu leisten –, findet in der Kove ein tolles Bike mit enormen Potential.

In meinem Einsatzfall hat sich die Kove extrem gut bewährt. Die Basis stimmt und mit einigen kleinen Modifikationen ist das Bike für mich perfekt für den Rally Einsatz, aber auch das eine oder andere Abenteuer auf Strecken wie dem TET oder ACT.
Und bei aller Sachlichkeit – ein echtes Rally-Bike in der Garage zu haben ist für mich ein lang gehegter Traum!

Published inAllgemein